Reisebericht unserer Fahrt nach Chmelnitzky vom 15.03. bis 19.03.2016

Diesmal wählten wir den Flug über Düsseldorf/ Warschau nach Lviv. Schon früh waren wir auf den Beinen um den Flieger rechtzeitig zu erreichen. Gegen 9.00 Uhr dann das Ergebnis…der Flug wurde für heute annulliert, da der Flieger defekt war. Ergo alles um einen Tag verschieben, wieder nach Hause fahren und morgen auf ein Neues, diesmal Düsseldorf/ Wien nach Lviv. Norbert rief noch unsere Partner in Chmelnitzky an, dass sich alles um einen Tag verzögert.

 

Den nächsten Tag ging alles gut. Peter – unser Freund und 2. Vorsitzender – holte uns gegen 15.00 Uhr am Flughafen in Lviv ab. Wir fuhren sofort los, da wir jetzt fast 6 Stunden Fahrt vor uns hatten. Und die Straßen waren nach der EM wieder die gleichen – es reihten sich viele Löcher aneinander. Peter sagte noch, er freut sich sehr uns zu sehen, es wäre …wie die Familie wieder zu sehen.

 

Für Donnerstag wurde der erste Termin von Lena schon gegen 11.00 Uhr geplant, ein Treffen mit dem Bürgermeister der Stadt Chmelnitzky zur Situation der Straßentiere. Vorher wollten wir uns mit Lena in einem Cafe treffen und uns beraten. Unser Wiedersehen …selbst wenn es jetzt schon wieder ein Jahr her ist, dass wir vor Ort waren… wir sind uns vertraut und kommen schnell nach einer herzlichen Begrüßung ins Gespräch. Wir planten die nächsten zwei Tage, mehr Zeit haben wir nicht. Zum Gespräch mit dem Bürgermeister werden auch andere Vertreter der Stadtverwaltung anwesend sein. Die Stadt plant eine Neuregelung im Umgang mit Straßentieren sowie dem Tierheim „Dobrow“.Dazu möchten sie auch die „Deutschen“ der Hundehilfe Ukraine e.V. mit am Tisch haben, die das Tierheim regelmäßig finanziell unterstützen.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde kommen wir zügig ins Gespräch. Lena brachte noch Iraida mit. Wieder geht es um Tötungen der Tiere, nicht greifende Maßnahmen um die Population der Tiere einzudämmen, Unterstützung des Tierheimes und die eventuelle Übernahme durch den Verein „Rettet das Leben“ oder der Stadtverwaltung selbst. Einig waren wir uns alle am Tisch, dass das Töten der Tiere die Population nicht wirkungsvoll eindämmt, sondern nur das kontinuierliche Kastrieren der Tiere nach Stadtregionen. Auch ist das Töten der Tiere ethisch und gesellschaftlich in diesem Jahrhundert nicht mehr zu vertreten. Gottseidank…wir waren froh, dass hier die Verwaltung eine einheitliche Meinung vertrat. Zum Thema Vergiftungen…diese werden – so die Aussagen seitens der Stadtverwaltung – von selbsternannten privaten „Doghuntern“ vorgenommen und haben mit der Gemeinde nichts zu tun, werden auch nicht von ihr gesteuert. Wir sicherten der Stadt unsere weitere Unterstützung über den Verein „Rettet das Leben“ – auch zum „Tierheim“ – zu.

 

Danach fahren wir mit Lena und Iraida zu „Lada“ unserer Handicap-Hündin. Schon lange wartet sie auf eine deutsche Familie. Sie verliert leider in absehbarer Zeit ihr zu Hause, da Iraidas Sohn es nicht länger duldet, das „Lada“ im Haus ist. Nun sucht Iraida verzweifelt, möchte sie doch „Lada“ nicht ins Tierheim geben. „Lada“ würde dort verzweifeln. Mit einem Rollwagen könnte Lada ein fast normales Leben führen. Sie ist jetzt ca.4- 5 Jahre alt, gesund, gelähmt und sehr freundlich zu allen. Was uns an ihr auffiel…sie kann nur ganz leise bellen, sie erzählt mehr.

 

Bitte helfen sie Lada ein würdevolles Leben führen zu können.

 

Dann fuhren wir zum Tierheim „Dobrow“ und zum kleinen Tierheim, das jetzt auch auf diesem Areal untergebracht ist. Natürlich waren wir neugierig, wie der Verein die Versorgung der nun fast 150 Tiere organisiert, strukturiert und auch täglich bewältigt. Die Frauen und die ersten Hunde begrüßen uns vor dem Gelände.

 

Unser erster Weg führt uns zu den kranken, verletzten Hunden sowie den Handicap-Hunden im Wirtschaftsraum des Hauses. Hier ist es warm. Jeder Hund hat seinen Platz. Nebenbei wird auf einem kleinen Kocher Fleisch gekocht. „Tarsan“ schaut uns auf seiner Decke zu. Bloß dürfen wir nicht näher kommen, dann weicht er aus. Auch von den anderen Hunden werden wir registriert. Iraida zeigt uns all diese armen Seelen. Eine Hündin kann sich nicht ohne menschliche Hilfe lösen. Sie ist mit ihren Hinterpfoten durch einen Schlag auf die Wirbelsäule vollständig gelähmt.

 

Marina kommt hinzu und möchte uns einen Hund vorstellen, den Sasha gerade von Professor Tschumakow abgeholt hatte. Dieser Hund wurde mit zwei tiefen Messerschnitten im Rücken auf der Straße von der Polizei gefunden und zur Tierklinik gebracht.

Uns lief ein Schauer über den Rücken, alle waren betroffen. Welch Elend, welch menschliche Verrohung…die uns da wieder mit voller Wucht trifft. Wie viel Tierleid hält ein Mensch aus? Dieser Hund wird von Marina liebevoll mit einer Decke zugedeckt, er soll es warm haben, die Narkose ausschlafen und sich dann von seinem Leid erholen. Einen Namen hat er noch nicht. Wir wünschen uns, dass er es schafft gesund zu werden. Dann machen wir einen Rundgang durchs Tierheim. Volontärinnen kochen gerade in großen Töpfen Brei im Nebengebäude.

Es ist schon beachtlich, was die Volontäre hier leisten. Sie tun es freiwillig Tag für Tag. Die Stadt gibt derzeit für das Tierheim keine finanzielle Unterstützung. Sasha Masuruk unterstützt minimal. Die Hundehilfe Ukraine e.V. finanziert das Tierheim monatlich. Hier wird uns unsere Verantwortung gegenüber diesen Frauen, dem Verein „Rettet das Leben“ und den Tieren noch mal so richtig klar. Ohne unsere Sponsoren und uns könnten sie nicht überleben.

 

Durch einen Zaun getrennt gelangen wir in das neue kleine Tierheim. Hier wurden die Böden mit Holz verkleidet. Dies lässt sich besser reinigen und für die Hunde ist es angenehmer als ein Betonboden. Alles ist gut angeordnet, die Hunde werden am Tage mehrmals aus den Gehegen gelassen und können so miteinander spielen, toben und Kontakte pflegen. Marina lässt einen sehr netten dreibeinigen Rüden namens „Tsygan“ (Zigeuner) aus dem Zwinger. Er  ist mit allen verträglich und eroberte im Sturm unser Herz.

 

Auch von Svetlana sind drei kleine Hunde schon hier. 7 Hunde von Svetlana wurden in den letzten Wochen von uns in dem „deutschen Zwingern“ untergebracht. In dieser Woche beginnt der letzte Abschnitt der Bauphase für 5 Zwinger, um die verbleibenden Hunde von Svetlana auch hier unter zu bringen. Dann wäre das „Notasyl“ von Swetlana endlich Geschichte.

Der Tag geht langsam zu Ende. Wir verabschieden uns von den Frauen, vereinbaren noch einen Termin für morgen mit Sasha und fahren zu unserer Unterkunft mit Peter. Der nächste Tag muss gut geplant werden, da uns ein ganzer Tag zu unserer Planung fehlt. So fallen die Besuche der Straßentiere und der Volontäre diesmal weg. Aber am nächsten Abend sitzen wir ja alle noch mal zusammen und wollen gemeinsam Probleme besprechen um Lösungen zu finden.

 

Der nächste Tag…wir treffen uns früh mit Sasha um die Handicap-Hündin „Shula“ und eine alte Dame zu besuchen. „Shula“ wurde als Welpe in einer Plastetüte an einen Baum hängend entsorgt. Die alte Dame fand sie so und nahm sie damals vor gut einem Jahr mit nach Hause. Dort stellte sich heraus, dass die Hündin eine Rückratsverletzung hatte, somit hinten vollständig gelähmt sei. Nun entstand eine Odyssee, Vorstellungen bei verschiedenen Tierärzten mit dem immer gleichen Ergebnis. „Da ist nichts mehr zu machen“. Die alte Dame kümmerte sich liebevoll um „Shula“, versorgt sie, windelt sie, ließ sie zusätzlich homöopathatisch behandeln. Jetzt ist die Dame selbst erkrankt, braucht ärztliche Hilfe, muss ins Krankenhaus..wer kümmert sich um „Shula“? Sie ließ einen Rollwagen für „Shula“ anfertigen, der aber nicht passt. Die alte Dame bat uns um Unterstützung für diese liebenswerte Hündin. Bitte finden sie in Deutschland einen Menschen der sich um „Shula“ kümmert sagte sie uns zum Abschied. Hier in der Ukraine hat sie keine Chance.

 

Nun suchen unserer Partner in der Ukraine dringend einen guten Platz, damit sie ihrer Behinderung entsprechend in einer Familie ein zu Hause finden kann. Und damit die alte Dame in Ruhe ins Krankenhaus gehen kann. Auf unserer HP werden wir dazu einen Notruf starten.

Unser nächster Termin steht an. Die Polizei von Chmelnitzky bat uns zu einem Gespräch. Etwas verwundert sagten wir zu. Peter, Lena und Sasha berichteten, das Polizisten nicht mehr an den Straßen wie in der Vergangenheit üblich (Anmerkung: wir haben da so unsere Erfahrungen…) stehen, sondern in ihren Polizeiwagen mehr Präsenz für die Bürger zeigen. Lena und Sasha berichteten, dass die Polizisten vermehrt um Hilfe für verletzte Straßentiere bitten. Und…ja richtig, wir sehen keine Polizisten an den uns bekannten Orten, dafür neue, gesponserte Polizeiwagen in den Straßen von Chmelnitzky. Wir recherchierten folgendes: Laut Focus vom 5.8.2015 und euronews vom 5.7.2015 leitete Präsident Poroschenko einen Imagewechsel und Reformen im Justiz-und Sicherheitssektor ein. In Kiew wurden 2000 korrupte Polizisten ausgetauscht und junge Menschen zwischen 21- und 35 Jahren zu Polizisten ausgebildet. Derzeit ist jeder 4. Polizist eine Frau!!! Der Verdienst dieser jungen Menschen ist überdurchschnittlich hoch, derzeit liegt er bei 8000 Griwna = 340 Euro (Stand Sommer 2015). Ein guter Verdienst um Korruption vorzubeugen. Sonst verdienen Ukrainer im Durchschnitt zwischen 50 und 80 Euro im Monat. Die Armut in den Straßen wird sichtbar. Viele Menschen kramen in den Müllcontainern nach brauchbarem. Es gibt kaum noch einen Mittelstand. Entweder arm oder reich. Die neue ausgebildete Polizei zeigt sich so seit Januar 2016 auf den Straßen. Ein kleiner Fortschritt in diesem Land.Nun sind wir auf dieses Gespräch gespannt. Wir werden freundlich und korrekt empfangen. Der Leiter der Polizeieinheit Herr Oleg Kostenko ist bei unserem Gespräch zugegen und verfolgt dies alles sehr interessiert. Ohne große Vorreden kommen wir schnell ins Gespräch. Wir merken, wir haben hier Praktiker vor uns, keinen aufgeblähten Verwaltungsapparat. Sie erzählen von ihren Sorgen und wollen wissen, wie wir das in Deutschland handhaben. Sie erzählen vom Einfangen kranker und verletzter Tiere mit bloßen Händen, von fehlenden Kastrationen einzelner Tiere in zwei Stadtbezirken, von ihren Einsätzen bei häuslicher Gewalt sowie der Vernachlässigung/ Quälerei von Haustieren. Derzeit sind mehrere Strafverfahren wegen Tierquälerei bei Gericht anhängig. Wie können sie allem gerecht werden? Wir sprechen die Chip-Pflicht und die Registrierung in den Städten und Gemeinden in Deutschland an. Aber auch die Aufgaben des Ordnungsamtes zur Registrierung und zum Einfangen von streunenden Tieren und unserem neuen Tierschutzgesetz. Sie bitten Sasha und auch Professor Tschumakow um ein Seminar zum Einfangen und zum Umgang mit verletzten Straßentieren. Sie haben weder Boxen fürs Auto noch Maulschlaufen zum Transportieren. Aber…sie haben sich zur Aufgabe gemacht, verletzte Hunde zum Tierarzt zu bringen. Mehrfach betonen sie „wir wollen die Hunde nicht töten – wir wollen ihnen helfen.“ Momentan fangen sie verletzte Tiere mit bloßen Händen ein und wickeln sie zum Transportieren in eine Decke. Spontan sagen wir ihnen 20 Transportboxen, jeweils 1 Box für jedes Auto zu und genügend Maulschlaufen. Sasha wird Professor Tschumakow anfragen, ob er solch ein Seminarmodul aufbauen und abhalten kann. Und wir bitten Sasha sich um die noch nicht kastrierten Hunde in den zwei Stadtbezirken zu kümmern. Die Finanzierung dieser Kastrationen übernehmen wir. Die städtische Klinik soll dies ausführen. Die Zeit ist schnell vergangen. Es war ein gutes und konstruktives Gespräch. Diese jungen motivierten Menschen könnten es schaffen, den respektvollen Umgang mit Straßentieren anderen zu vermitteln und bei Tierquälerei einzuschreiten. Ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Zum Schluss des Gespräches kam dann die obligatorische Frage nach einem Gruppenbild. Dem kamen wir gerne nach.

An dieser Stelle eine Bitte von uns! Bitte beteiligen Sie sich an unserer Zusage zu den Transportboxen und den Maulschlaufen. In der Regel geht es um mittelgroße Hunde. Peter ist Mitte April wieder für eine Weile bei uns. Er könnte alles mitnehmen, damit es keine Worthülsen bleiben. Wir danken Ihnen sehr dafür!!!

 

Ein Kurzbesuch bei Ljuba steht noch aus. Wie immer werden wir herzlich empfangen und sind auch schon mitten im Gespräch. Tja – Ljuba – 8 Jahre kennen wir uns nun schon. Und Dein unermüdlicher Einsatz für die Straßentiere ist ungebrochen. Wir verabreden uns wieder fürs nächste Jahr.

 

Am Nachmittag treffen wir uns noch mal in einem Cafe mit Sasha. Er berichtet uns über seinen Einsatz inmitten von Chmelnitzky, verletzte Tiere einzufangen, zu Tierärzten zu bringen, nach der OP im Tierheim unterzubringen, Tag und Nacht unterwegs oder am Handy zu sein. Eine schwere Aufgabe die Sascha da übernommen hat. Sein Handy klingelt unentwegt. Wir alle sind dankbar für das was er macht.

 

Jetzt eine kurze Verschnaufpause für Peter und uns und dann treffen wir uns mit den Volontärinnen, Lena, Sasha, Katja, Marina, Iraida, Valentina und auch vielen neuen Frauen in einem kleinen Imbiss. Es ist wie immer liebenswert gedeckt. Viele ukrainische Kleinigkeiten kommen auf den Tisch. Wichtig ist uns allen dieses jährliche Treffen, der Erfahrungsaustausch untereinander, Neues aus beiden Vereinen und das gemeinsame Beisammensein. Peter hat wieder viel Arbeit mit dem dolmetschen. Eine neue Volontärin steht spontan auf und erzählt von ihrer Arbeit im Tierheim. Sie sah, wie Valentina Gerasimowa sich abmühte all den vielen Tieren gerecht zu werden. Spontan entschied sie hier mitzumachen. Sie sei pensionierte Ökonomin und sieht einen Sinn in ihrem Einsatz. Sie nimmt sich vor noch mehr pensionierte Menschen für den Einsatz im Tierheim zu gewinnen. Oft wüssten die Menschen nicht was sie mit der neu gewonnenen Freizeit anfangen sollten. Klasse, auch hier geht es weiter!!!

 

Wir dankten noch mal allen für ihren Einsatz für die Straßentiere. 2015 war ein schweres Jahr. Der Umzug des kleinen Tierheimes musste bewältigt werden. Gleichzeitig stand die Übernahme der gesamten Hunde von „Dobrow“ und der Einzug der ersten Hunde von Svetlana an. Von 35 Tieren auf fast 150 Tiere und deren Versorgung von einem Tag auf den anderen. Das war eine logistische Leistung und nur Dank der vielen Volontäre und unseren Sponsoren zu bewältigen. Aber das weiß auch die Stadtverwaltung in Chmelnitzky zu schätzen.

Am Ende des Abends stehen alle zufrieden draußen noch zusammen. Wir verabschieden uns von allen herzlich…bis zum nächsten Jahr. Eines nehmen wir von diesem Besuch besonders in Gedanken mit. Die Stadt hat sich im Laufe von 8 Jahren verändert, die Gesellschaft verändert sich langsam. Diese Menschen, die sich tagtäglich für das Leid der Tiere einsetzen, sind wichtig für kommende Generationen und für die Tiere selbst!!! Wir sind zutiefst beindruckt – spüren aber auch den Druck der Verantwortung, die wir hier übernommen haben.

 

Wir danken unseren langjährigen Sponsoren, die die tägliche Finanzierung der Tierschutzarbeit vor Ort auch weiterhin möglich machen. Bleiben Sie auch die nächsten Jahre bei uns, die ukrainischen Kollegen und die Tiere brauchen Sie!!!

 

Bitte helfen Sie unseren ukrainischen Partnern, für „Lada“ und „Shula“ eine Familie zu finden!!!

 

Herzlichen Dank!

 

Uta und Norbert de Jong, Peter Trojan